ende

Marterl

op. 15

Johann Caspar Schade (1666 – 1698) war ein lutherischer Prediger und Dichter. Im Spannungsverhältnis der Naturwissenschaft, die alles begründen wollte und der Kirche, die alles Entstandene auf Gott zurückführte, verfasste Johann Caspar Schade dieses Gedicht. In seinem Werk des späten 17. Jahrhunderts greift er die Anfangsworte des 63. Psalms „Gott, du bist mein Gott“ auf. Aus ihnen geht eine klare unerschütterliche Gebundenheit an Gott hervor. Johann Caspar Schade beschränkt sich auf diese fünf Worte, baut nach klaren Regeln fünf Strophen zu je fünf Zeilen, ein modern klingendes Lautgedicht. Durch diese 25 verschiedenen Standpunkten wird das anfängliche Bekenntnis teils stark relativiert. Unabhängig von Glaube oder Nichtglaube könnte man sich bei der einen oder anderen Sequenz finden, die Richtung beibehalten oder wechseln. Am Gedicht ganz unten, am Marterl ganz oben, erlaubt ein AMEN ein gleichberechtigtes Nebeneinander der gefundenen Zugänge.

Der Künstler Jürgen Rajh setzte mit dieser Skulptur, welche er 2015 fertigte, ein wahrliches Zeichen: Er ließ die Buchstaben Strophe für Strophe an fünf schlanken, etwa sieben Meter hohen, Stangen entlang laufen. Die beschrifteten Stangen verschränken sich zwischen den Kronen der Bäume, eine Stange fällt und nimmt die Richtung der Straße auf.

GOTT / du bist mein GOTT.
Bistu mein Gott?
Gott du bist mein.
Du GOtt bist mein.
mein GOTT bist DU.

DU GOtt bis mein GOtt.
mein GOtt / bist GOtt.
Bist min GOtt / GOtt.
GOtt / GOtt bis mein.
GOtt mein GOtt BIST.

BIST du GOtt mein GOtt?
Mein GOtt / du GOtt.
Du mein GOtt / GOtt?
GOtt / du mein Gott.
Du GOtt / GOtt MEIN?

MEIN Gott / bistu Gott?
Gott du bist / Gott.
Bistu GOtt / GOTT.
Gott / Gott bistu.
Gott / du Gott bist.

GOTT / Gott bistu mein?
Mein Gott du bist.
bistu / GOtt / mein?
Gott / du mein bist.
Gott / mein bistu.

AMEN.